„Wieso hast du nicht nach den Kindern gesehen?“

Ich hatte die Hoffnung beinahe aufgegeben, aber es gibt sie noch: Jene kleinen, altmodischen Thriller, die es ohne Effekte und mit einfachen Mitteln schaffen, Spannung zu erzeugen und den Kinozuschauer im Kinositz zu fesseln. Dass es sich dabei um ein Remake des Klassikers „Das Grauen kommt um Zehn“ handelt und somit keine neue Geschichte erzählt wird, tut der Spannung keinen Abbruch…

Für alle, die nicht wissen, worum es geht:

Statt mit ihren Freunden die große Schulparty zu besuchen, muss die junge Jill, überzogener Handyrechnung sei Dank, in einem abgelegenen Haus babysitten. Doch nicht die Party besuchen zu können ist schon bald ihre geringste Sorge, denn bereits kurz nach ihrem Eintreffen beginnt ein Unbekannter damit, sie telefonisch zu belästigen. Da dieser Unbekannte Jill offensichtlich beobachtet, schaltet sie die Polizei ein, welche mit einer Fangschaltung das offenbart, was der Zuschauer bereits weiß: „Der Anruf kommt aus ihrem Haus…“…

Ja, der Film ist altmodisch. Ja, er fügt dem Thriller-Genre nichts neues hinzu. Aber: Er funktioniert!

Bereits in der Anfangssequenz wird klar, dass es Simon West („Con Air“, „Die Tochter des Generals“) mehr um Spannung als um eine plakative Darstellung von Gewalt geht: Eine junge Frau wird im Off ermordet, die Polizei rückt am nächsten Morgen an und stellt den Tatort sicher. Ein älterer, sichtlich erfahrener, Polizist betritt den selbigen, lässt seinen Blick schweifen und beginnt, trotz jahrelanger Erfahrung, mit Würgereflexen zu kämpfen. Während er vor der Haustür frische Luft schnappt, sieht man andere Polizisten die Reste von dem wegtragen, was einmal eine junge Frau gewesen ist – verteilt in mehreren schwarzen Plastiktüten. Kein Blut wird gezeigt, keine Leichenteile sind zu sehen, es wird alles der Phantasie des Zuschauers überlassen, was die Tat des Mörders umso grausamer wirken lässt.

Im Hauptplot selbst geht es dann recht routiniert, aber nicht minder spannend zu: Unter lautem Krach hervorspringende Katzen, bei Bewegung automatisch an- und abdimmende Lampen, unerwartete Besucher und natürlich die immer häufiger werdenden Anrufe sorgen dafür, dass man sich dem Film nur schwer entziehen kann.
Sobald Jill dann erfährt, dass ihr Peiniger sich bereits in dem Haus befindet, beginnt eine Jagd auf Leben und Tod – und damit komme ich zum größten Schwachpunkt des Films: Das Ende kommt zu abrupt, nämlich praktisch dann, wenn die Spannung gerade auf dem Höhepunkt angelangt ist. Wirkungsvoller wäre es wohl gewesen, den Mittelteil etwas zu kürzen und die Jagd dafür umso länger zu gestalten – das Haus hätte hierfür sicherlich viele Möglichkeiten geboten.

Nichtsdestotrotz hat Simon West mit diesem Film einen sehr guten Genre-Beitrag abgeliefert, der mit einem unerwartet beängstigenden Killer aufwartet: Die Ruhe, mit der er seine Opfer erst terrorisiert und dann jagt, zeugt von einer Selbstsicher- und Überlegenheit, die keine Zweifel daran aufkommen lässt, dass er sein Spiel als Gewinner verlassen wird.

Fazit: Für Freunde gepflegter Spannung trotz kleiner Schwächen uneingeschränkt zu empfehlen.

Wertung: 8/10

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