Worum geht’s
Kurz vor dem Ende des amerikanischen Bürgerkrieges möchte der frisch wiedergewählte Präsident Abraham Lincoln seine Popularität nutzen, um die Sklaverei über einen Verfassungszusatz endgültig abzuschaffen. Um diesen Verfassungszusatz im Repräsentantenhaus zu verabschieden, benötigt Lincoln jedoch nicht nur die Stimmen seiner eigenen Partei, sondern auch mehrere Abweichler in den Reihen seines politischen Gegners. Viel Zeit für Überzeugungsarbeit bleibt Lincoln nicht, denn das Ende des Krieges rückt immer näher. Und eben dieser Krieg dient Lincoln als Argument für die Abschaffung der Sklaverei …
Meine Meinung
Steven Spielbergs „Lincoln“ beschäftigt sich ausschließlich mit den letzten Monaten im Leben des titelgebenden Präsidenten und ist somit weniger als Biografie, sondern vielmehr als politisches Kammerspiel und Plädoyer für die Menschenrechte zu betrachten. Zwar wird auch die private Seite Lincolns immer mal wieder angerissen, doch das Hauptaugenmerk liegt auf den politischen Diskussionen und auf den taktischen Entscheidungen, die notwendig waren, um die Abschaffung der Sklaverei durchzusetzen. Leider muss ich zugeben, dass ich mir eben diese zu treffenden Entscheidungen spannender inszeniert und die Diskussionen packender und emotionaler vorgestellt bzw. erhofft hatte. Die Dialoge sind zwar interessant und durchaus fordernd, bleiben aber überraschend nüchtern und wirken zuweilen etwas distanziert. Wirklich fesseln konnte mich das Geschehen dementsprechend nicht, obwohl ich für dialoglastige Filme durchaus zu haben bin (das Justizdrama „Die zwölf Geschworenen“ gehört nicht ohne Grund zu meinen Lieblingsfilmen). In Verbindung mit der Laufzeit von 150 Minuten entstanden so mehrere Situationen, in denen sich mein Blick von der Leinwand löste und vorsichtig gen Uhr wanderte.
An den Darstellern hingegen lässt sich nichts, aber wirklich gar nichts kritisieren. Daniel Day-Lewis zeigt einmal mehr eine beeindruckende Leistung, dasselbe gilt für Sally Field, David Strathairn und in besonderem Maße für Tommy Lee Jones als Thaddeus Stevens, dessen Motivation erst am Ende des Films erklärt wird, dafür aber genau die Menschlichkeit in die Geschichte bringt, die der Film sonst größtenteils vermissen lässt.
Meine Wertung: 6/10
Zum Schluss noch eine kurze persönliche bzw. politische Anmerkung: Ich finde es äußerst erschreckend, wie stark mich der Film in einzelnen Szenen an die derzeit in Deutschland geführte Diskussion über die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare erinnert hat. So fällt z.B. in einer Szene (sinngemäß) der Satz „Ich habe nichts gegen Neger, aber deswegen möchte ich ihnen nicht das Recht der Wahl zusprechen.“, bei dem ich sofort an mehrere Unionspolitiker („Ich habe nichts gegen Homosexuelle, aber dieselben Rechte wie Heterosexuelle sollen sie auch nicht haben.“) denken musste. Es liegt noch ein weiter Weg vor uns …