Im Heimkino gesehen: Dredd

von | 17. April 2013 | Filmtagebuch | 8 Kommentare

Erinnert ihr euch noch an das Jahr 1995? 1995 war das Jahr, in dem Sylvester Stallone sich als Judge Dredd versuchte. Und scheiterte. Als Big-Budget-Trash betrachtet, ist Danny Cannons Comicverfilmung zwar durchaus unterhaltsam, doch der düsteren Vorlage wird der Film kaum gerecht. Zu weichgespült, zu bemüht auf cool getrimmt, mit einem äußerst nervigen Rob Schneider als Sidekick – und dann auch noch ein Judge Dredd, der die meiste Zeit des Films ohne Helm agiert. Nein, das war nicht der Film, den sich die Fans erhofft hatten. Ob der 2012 von Regisseur Pete Travis inszenierte „Dredd“ mit Karl Urban in der Hauptrolle besser abschneidet, erfahrt ihr, wenn ihr weiterlest …

Worum geht’s

In nicht allzu ferner Zukunft ist die Erde nahezu unbewohnbar. Die Menschen leben zusammengepfercht in der riesigen Metropole Mega City One, in der Gewalt und Verbrechen an der Tagesordnung stehen. In diesem Chaos versuchen die Judges, die sowohl Richter als auch Vollstrecker sind, die Gesellschaft weitestgehend aufrecht zu erhalten. Als drei gehäutete Männer von dem oberen Stockwerk eines riesigen Apartmentblocks auf die Straße geworfen werden, sind der gefürchtete Judge Dredd (Karl Urban) und die junge Rekrutin Anderson (Olivia Thirlby) als erste am Tatort. Sie finden heraus, dass der Apartmentblock mitsamt seiner Gangs von der ehemaligen Prostituierten Ma-Ma (Lena Headey) übernommen wurde und nun als Drogenlabor dient. Dredd und Anderson beschließen, dem Treiben Ma-Mas ein Ende zu setzen. Diese zögert nicht lange, riegelt das Gebäude ab und formiert ihre aus Gangmitgliedern bestehende Armee. Ein gnadenloser Kampf ums Überleben beginnt …

Meine Meinung

Na bitte, es geht doch. „Dredd“ ist genau der kompromisslose Actionfilm geworden, den uns die Macher versprochen haben. Hart, brutal, düster, ohne alberne Sprüche und ohne nervige Sidekicks. Zwar lässt Dredd auch hier den einen oder anderen trockenen Oneliner vom Stapel, doch wirken diese niemals aufgesetzt oder unpassend, sondern ergeben sich stets aus der jeweiligen Situation. Während Stallones Dredd nicht selten unter einer unfreiwilligen Komik litt, ist Urbans Darstellung weitaus ernster und dürfte damit genau dem gnadenlosen und einsilbigen Vollstrecker entsprechen, den sich die Fans gewünscht haben. Es war eine gute Entscheidung, nichts über Dredds Vergangenheit oder gar Privatleben zu erzählen, sondern ausschließlich seine Taten für sich sprechen zu lassen. Dredd ist das Gesetz. Punkt. Für die Menschlichkeit ist die von Olivia Thirlby sympathisch dargestellte Rekrutin Anderson zuständig, deren Zukunft als Judge von Dredds Beurteilung abhängig ist und die dennoch an ihren Prinzipien festhält, selbst wenn sie damit das Gesetz brechen muss. Lena Headey hingegen ist als Ma-Ma das personifizierte Verbrechen. Kalt, gnadenlos und nur auf den eigenen Machterhalt ausgerichtet, hält Ma-Ma die Fäden in der Hand, bleibt dabei jedoch leider etwas zu blass, um einen wirklich abstoßenden Eindruck zu hinterlassen.

Sah der 95er „Judge Dredd“ noch vergleichsweise billig aus, so ist „Dredd“ eine optischer Augenschmaus. Das Design des Films ist schlicht hervorragend, wobei insbesondere die Szenen in Erinnerung bleiben, in denen die Wahrnehmung der Figuren durch die Droge Slo-Mo verzerrt ist. Die weichgezeichneten und knallbunten Szenen stellen einen starken Kontrast zu dem ansonsten düsteren und schmutzigen Look des Films dar und bieten zudem einige der besten 3D-Effekte der letzten Monate. Die zahlreichen Actionszenen sind gut und vor allem äußerst brutal inszeniert, haben allerdings außer Schießereien nicht viel zu bieten, was auf Dauer dann doch etwas monoton wirkt. Auf ein spektakuläres Action-Highlight muss man ebenso verzichten wie auf eine originelle Handlung oder einen stetig steigenden Spannungsbogen. Vielmehr wirkt der Film wie ein Videospiel, in dem sich der Held Level für Level durch dieselben Gegnerscharen kämpft, bis er dann dem Endgegner gegenüber steht. Prinzipiell ist dagegen nichts einzuwenden, doch hätte ich mir hierbei ein wenig mehr Abwechslung gewünscht.

Bild und Ton der Blu-ray

Kurz und knapp: An dem Bild gibt es nichts auszusetzen, so dass sowohl die dreckige Realität als auch die vom Drogenkonsum verzerrte Wahrnehmung hervorragend zur Geltung kommt. Und auch der Ton weiß größtenteils zu überzeugen. Der Raumklang wird in den Actionszenen gut genutzt und die Bässe unterstützen das Geschehen, dass es eine wahre Freude ist. Oder eine Strafe, je nachdem, ob ihr den Film als Zuschauer erlebt – oder als Nachbar des Zuschauers unfreiwillig miterleben müsst. Lediglich die Dialoge hätten gerne etwas lauter ausfallen dürfen. So kommt man nicht drum herum, regelmäßig die Lautstärke zu variieren, um alles zu verstehen und gleichzeitig die Nachbarn nicht zu sehr zu ärgern.

Mein Fazit

Erfreulich harte Comicverfilmung in grandioser Optik, der ein wenig Abwechslung in der Handlung und in den Actionszenen nicht geschadet hätte. Nichtsdestoweniger ein äußerst kurzweiliger Film, der sowohl Action- als auch Comicfans zufriedenstellen wird.

Meine Wertung: 7/10

8 Kommentare

  1. Identische Wertung, guter Film. Auch wenn mir im direkten Vergleich die 95er-Version besser gefällt (der hier dafür besser als der themtisch ähnliche The Raid). Selbstironisch-unterhaltsam, das ist unterschwellig ja auch in den Comics im Ansatz vorhanden. Mit diesem ganzen hyperseriösen post-nolanschen Actionkino tue ich mich jedenfalls etwas schwer.

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    • Gegen ein wenig Selbstironie habe ich nichts einzuwenden, aber „Judge Dredd“ ist mir dann doch zu albern. Das ist teilweise schon keine Ironie mehr, sondern Holzhammerhumor. Und der wirkte in dem Film auf mich arg deplatziert.
      Unterhaltsam ist die 95er-Version aber durchaus, da stimme ich dir zu.

  2. Komisch, dass du nichts am Bild auszusetzen hast. Dieses hatte doch so manch einen Fehler. Beim Ton hingegen gebe ich dir recht. Das habe ich auch in meiner Bewertung erwähnt, dass die Dialoge viel zu leise sind.

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    • Hm, mir sind keine Fehler aufgefallen. Hast du mal ein oder zwei Beispiele inkl. Zeitangaben für mich? Dann schaue ich da heute Abend noch mal rein …

    • Diverse Großaufnahmen sind leicht unscharf und in den dunklen Szenen (davon gibt es ja viele ;)) ist ein ständiges Bildrauschen zu erkennen. Zeitangaben habe ich keine.

    • So war es im Kino aber auch schon (zumindest habe ich es so in Erinnerung). Vor allem das Bildrauschen war dort deutlich zu erkennen. Insofern gehe ich davon aus, dass das Bild schlicht so gehört.

  3. Hab mir am Freitag mit einem Kumpel zuerste „Judge Dredd“ und anschließend „Dredd“ angeschaut. Waren uns beide einig dass die Stallone-Variante deutlich besser gelungen ist. „Dredd“ dagegen ist zwar ganz okay, enttäuschte uns aber letztlich doch auf ganzer Linie. Ich kenne die Comics nicht, aber ein gelungenes (Comic-) Science-Fiction-Flair kommt in der Neuverfilmung praktisch gar nicht auf. Während im Original direkt zu Beginn ein Raumschiff durch die Gegend fliegt und überhaupt die ganze Stadt sehr futuristisch und damit ziemlich cool rüberkommt, ist’s in „Dredd“ eine öde 08/15-Stadt, aus der halt nur diese komischen „Türme“ herausragen. Es fahren sogar normale autos herum, nichts originelles, nichts futuristisches weit und breit (selbst die Motorräder der Dredds sind boring). Als die abriegelung des Hauses erfolgte, befürchteten wir schon das schlimmste – und das trat auch ein: Praktisch der komplette restliche Film spielt in stinklangweiligen Hochhausfluren oder -zimmern… da war entweder das Budget extrem gering oder man hatte schlicht keine Ideen. Die Drogen-Zeitlupen-Sequenzen nerven nach dem zweiten mal, man denkt sich unweigerlich „Ja doch, wir haben es ja begriffen!“. Stallone als Dredd war noch iwo eine Respektsperson, er hatte einen Ruf und man fürchtete ihn regelrecht – Urban dagegen wirkt wie ein Dredd unter vielen, er hat nichts besonderes an sich und da er seinen Helm nie abnimmt, kommt außer dem grimmigen Verziehen der Mundwinkel (was stets nach Stallone-Imitation aussieht) absolut nichts rüber. Man könnte ewig so weitermachen, z.B. ist noch erwähnenswert dass die Neuauflage außer der Telepathen-Lady NULL interessante Nebencharaktere bietet, ja und letztlich könnte man den Film natürlich auch „The Raid II“ nennen.

    Bei „Judge Dredd“ könnte man die ein oder andere Requisite und die Uniformen etwas moderner/aufwändiger gestalten, die flug-Verfolgungs-Szene war etwas billig und der sidekick nervt ab und an wirklich etwas, aber ansonsten kann sich der Film auch heute noch durchaus sehen lassen (war überrascht wie „frisch“ die Effekte noch wirken) und im Vergleich ist er der Neufassung meilenweit voraus.

    Schade, wieder mal ein völlig seelenloses und damit ziemlich belangloses Remake, das im Prinzip kein Mensch braucht. :/

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  4. wie man den alten dredd besser finden kann, ist mir ein rätsel. allein rob schneider ist dermaßen unterträglich erbärmlich. wenn ich stallone, sci-fi plus guten humor will, schau ich ich mir demolition man an…

    ps: „Praktisch der komplette restliche Film spielt in stinklangweiligen Hochhausfluren oder -zimmern… da war entweder das Budget extrem gering oder man hatte schlicht keine Ideen.“ ich würde ja gerne mal tiuris meinung zu stirb langsam lesen 😀

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