Nach „Das Boot“ und „Der Sturm“ begibt sich Regisseur Wolfgang Petersen nun bereits zum dritten Mal ins kühle Nass – und erlebt seinen ersten kommerziellen Mißerfolg: Wie die Poseidon selbst, ist auch der Film im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gnadenlos untergegangen. Zu Recht?

Der Inhalt des Films entspricht dem des Originals: In einer Silvesternacht wird der Luxusliner Poseidon von einer meterhohen Riesenwelle erfasst und treibt, sich langsam mit Wasser füllend, Kiel oben auf dem Ozean. Während die meisten Passagiere im Ballsaal auf ihre Rettung warten möchten, nimmt eine kleine Gruppe selbige selbst in die Hand und macht sich zum Heck des Schiffes auf…

Damit hören die Gemeinsamkeiten zum Original aus dem Jahr 1972 allerdings auch schon auf: Weder die Charaktere noch der Weg in die Freiheit weisen große Parallelen auf, weswegen man „Poseidon“ weniger als Remake, sondern eher als Neuinterpretation betrachten sollte.

Wie erwartet, setzt Petersen in seiner Version mehr auf Effekte und Action als auf die Charaktere: Die von Josh Lucas („Stealth“) und Kurt Russel („Die Klapperschlange“) angeführte Gruppe (u.a. Richard Dreyfuss, Emmy Rossum, Kevin Dillon) besteht zwar aus den unterschiedlichsten Figuren, allerdings werden die zwischenmenschlichen Beziehungen und Konflikte auf ein Minimum reduziert. Auch wenn dies von Petersen, wie er in einem Interview zugibt, durchaus so gewollt ist um die Erzählgeschwindigkeit hoch zu halten, resultiert daraus der größte Schachpunkt des Films: Stirbt eine Person, nimmt man deren Ableben relativ gleichgültig zur Kenntnis – die Charaktere bleiben zu blass und eindimensional, als dass man sich mit ihnen identifizieren könnte.

Die Effekte und die Action hingegen haben es in sich: Vom schön gestalteten 360°-Schwenk um die Poseidon zu Beginn des Films über das hervorragend inszenierte Kentern des Schiffes bis hin zu den zahlreichen Explosionen bietet der Film alles, was man von einem typischen Blockbuster erwartet. Die Protagonisten arbeiten sich von Deck zu Deck nach oben (bzw. unten) und geraten ohne Verschnaufpause von einer ausweglosen Situation in die nächste. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang eine Szene, in der die Gruppe in einem engen Schacht festsitzt, während sich dieser langsam mit Wasser füllt – willkommen Herr Platzangst und Frau Panik!

Aufgrund der straffen Erzählstruktur kommt der Film gerade mal auf eine Laufzeit von 98 Minuten – für einen Blockbuster ist dies zwar äußerst wenig, bezogen auf den Film aber genau richtig, da so der Langeweile keine Chance gegeben wird sich einzuschleichen und man sich als Zuschauer trotz der Mängel auf Charakterebene stets gut unterhalten fühlt.

Bleibt die offene Frage: Ist „Poseidon“ der dank US-Kritiker und -Publikum befürchtete Totalausfall? Definitiv nein! Sieht man von der blassen Charakterzeichnung ab, bekommt man einen handwerklich perfekten Katastrophenfilm serviert, der das Genre zwar nicht neu erfindet, aber dennoch über die gesamte Laufzeit zu unterhalten weiß. Und mehr sollte man von einem Blockbuster nicht erwarten…

Wertung: 8/10

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