Eigentlich sollte diese Review das Licht der Welt bereits am Donnerstag erblicken, aber als der Film zu Ende war, fiel mir ein, dass im ZDF der lange Wahlabend lief – und auch wenn ich mir davon keinen großen Erkenntnisgewinn versprach, sehen wollte ich ihn dann doch. Den Freitag habe ich dann ganz im Sinne des Valentinstags mit meiner großen Liebe „Cobra Kai“ verbracht und die finale Staffel durchgebingt. Und gestern war ich von diesem Serienmarathon so geschafft, dass ich kein Wort aufs Papier bzw. den Bildschirm gebracht habe. Tja, und schon haben wir Sonntag. Verrückt, wie die Zeit rast. So müssen sich Rentner fühlen. Egal, nun mal endlich zum Film. Und damit zu den ernsten und unangenehmen Themen des Lebens …
Worum geht’s
Die Kunststudentin Noelle (trägt den Film in jeder Szene: Francesca Eastwood) ist unsicher, schüchtern und heimlich in ihren beliebten Kommilitonen Luke (Peter Vack) verliebt. Dementsprechend groß ist ihre Freude, als dieser sie zu einer Party einlädt. Nach einer anregenden Unterhaltung gehen die beiden auf Lukes Zimmer, wo dieser Noelle erst küsst und dann vergewaltigt. Ein paar Tage später möchte Noelle Luke zur Rede stellen, wobei es zu einem Streit kommt, infolgedessen Luke unglücklich stürzt und tödlich verunglückt. Durch dieses Ereignis aufgerüttelt, beginnt Noelle zu recherchieren – und findet heraus, dass auf dem Campus noch mehr Vergewaltiger ihr Unwesen treiben …
Meine Meinung
„Art of Revenge – Mein Körper gehört mir“ ist eine ambitionierte und recht eigenwillige Mischung aus Vergewaltigungsdrama und Selbstjustizthriller. Zu den Stärken des Films gehört zweifellos das realistische Umfeld, in dem die Geschichte spielt. Während andere Rape-and-Revenge-Filme oft auf einsame Gegenden, ungebildete Hinterwäldler und rohe Gewalt setzen, ist es hier die junge Bildungselite, von der die Gefahr ausgeht. Und ich möchte euch warnen: Von all den Vergewaltigungen, die ich bislang in Filmen dieser Art gesehen habe, gehört diese hier zweifellos zu den unangenehmsten und ist ein echter Schlag in die Magengrube. Und das, obwohl (bzw. gerade weil) sie recht schnell vorbei ist und ohne ausufernde Brutalität auskommt. Die erschreckend bodenständige Inszenierung dieser Situation hat bei mir definitiv Eindruck hinterlassen. Und dass dem Vergewaltiger danach nicht mal klar ist, was er da gerade angerichtet hat, macht es gleich doppelt widerlich. Ich kann mich nur wiederholen: unangenehm. Nach diesem verdammt gelungenen Einstieg erzählt der Film dann gleich zwei Geschichten – und verrennt sich dabei leider ein wenig.
Zum einen wäre da ein Drama, in dem Noelle versucht, mit der Situation umzugehen, aber nicht die Hilfe erhält, die sie benötigt. Hier fließt dann auch eine gehörige Portion System- und Gesellschaftskritik mit rein. Und das zu recht. Wenn Anschuldigungen von der Polizei nicht ordentlich verfolgt oder von der Universität mit Blick auf die Statistiken sogar verschleiert werden, sollte das jeden von uns wütend machen. Dasselbe gilt für den Umgang mit den Opfern, die oftmals nicht nur vom System, sondern auch von ihrem Umfeld im Stich gelassen werden. Glücklicherweise verzichtet der Film darauf, sich allzu einseitig zu positionieren. Probleme werden aufgezeigt, ebenso aber auch, dass es keine einfache Lösung dafür gibt. Es ist eine Gratwanderung, die dem Film meiner Meinung nach recht gut gelingt – auch wenn vieles leider nur oberflächlich angekratzt wird.
Der Film will aber nicht nur ein Drama sein, sondern auch ein Selbstjustizthriller, in dem Noelle als unbarmherziger Racheengel Jagd auf bislang davongekommene Vergewaltiger macht – und dadurch nicht nur an Selbstbewusstsein gewinnt, sondern auch als Kunststudentin zur Höchstform aufläuft. Dieser Part ist leider nicht ganz so stark, da er sich vom realistischen Ansatz mehr oder weniger komplett verabschiedet. Wenn Noelle sich abgebrüht wie ein Meisterassassine durch den Campus mordet, ist das zwar einigermaßen unterhaltsam, aber eben auch komplett überzogen und nur leidlich spannend. Immerhin wird auch dieser Teil des Films für Kritik genutzt und mehr als deutlich klargestellt, dass Selbstjustiz eben keine Lösung ist. Und manchmal sogar an unerwarteter Stelle Leid verursacht, das absolut vermeidbar gewesen wäre.
Nein, „Art of Revenge“ ist definitiv nicht perfekt. Die Mischung aus Drama und Thriller ist zu unausgegoren, die Figuren sind zuweilen arg konstruiert und insgesamt scheint der Film sich selbst ein wenig im Weg zu stehen. Dennoch hat er mir trotz seiner Schwächen wirklich gut gefallen. Gute Laune bekommt man hier nicht. Aber eine fantastische Hauptdarstellerin und jede Menge Denkansätze zu einem komplexen Themenfeld. Und das ist mehr, als viele andere Filme von sich behaupten können.
Meine Wertung: 7/10