Im Kino gesehen: Funny Games U.S.

von | 15. Juni 2008 | Filmtagebuch | 0 Kommentare

Wider Erwarten lief das 1:1-Remake des damals wie heute kontrovers diskutierten „Funny Games“ doch noch im CinemaxX Kiel an. Da ich das Original noch nicht kannte bzw. kenne, war dies eine gute Gelegenheit, sich endlich ein eigenes Bild zu machen …

Worum geht’s

Er sieht aus wie der nette Junge von nebenan. Und so denkt sich Ann (Naomi Watts) nichts dabei, als Peter (Brady Corbet) vor ihrer Tür steht und sie höflich um ein paar Eier bittet. Auch als Paul (Michael Pitt) hinzukommt, ahnt Ann noch nicht, was die folgende Nacht bringen wird. Erst als die beiden jungen Männer sich weigern zu gehen, Anns Mann George (Tim Roth) mit einem Golfschläger außer Gefecht setzen und das Paar zusammen mit dem kleinen Georgie (Devon Gearhart) ins Wohnzimmer bringen, begreift Ann, dass ihre Familie Teil eines makaberen Spiels geworden ist. „Wir wetten, dass ihr morgen früh kaputt sein werdet.“ Das Spiel beginnt …

Meine Meinung

Hmmm … hmmm … kennt ihr das Wort „Zwickmühle“? In der stecke ich nämlich gerade. Grund dafür ist weniger der Film, sondern vielmehr der Regisseur. Während ich diese Zeilen tippe, neige ich dazu, den Film für die Äußerungen seines Regisseurs bestrafen zu wollen. Ist das fair? Eigentlich nicht. Denn der Film ist wirklich sehenswert. Ich sag euch was: Ich komme später darauf zurück.

Das Grauen kommt auf leisen Sohlen. Und das ist wörtlich zu nehmen, denn abgesehen vom Vorspann wird auf Musik fast vollständig verzichtet. Dadurch wirkt das Geschehen unheimlich beklemmend und trostlos, was eine hervorragende Atmosphäre erzeugt. So man denn gewillt ist, sich darauf einzulassen. Denn über eines sollte man sich im Klaren sein: Einen actionreichen Thriller darf man nicht erwarten. Auch auf Blut muss der interessierte Zuschauer trotz der 18er-Freigabe verzichten. Die Gewalt wird ausnahmslos ausgeblendet und nur über die Gesichter der Darsteller zum Publikum transportiert. Und diese machen ihre Sache wirklich gut, wobei besonders Naomi Watts und Michael Pitt zu erwähnen sind.

So weit so gut. Als spannender Thriller würde der Film zweifellos funktionieren. Doch Regisseur Michael Haneke geht es nicht darum, einen spannenden Film abzuliefern. Er möchte dem Publikum einen Spiegel vorhalten und auf den Konsum von Gewalt in Medien hinweisen. Also lässt er Paul ab und an mit dem Zuschauer reden. „Sie sind doch auf ihrer Seite, oder?“ fragt dieser grinsend in die Kamera. Ja, natürlich bin ich das. Doch selbst wenn nicht, wäre auch das okay. Denn das ist nur ein Film. Ein Film, lieber Herr Haneke.

„Ich sage immer, dass jeder, der sich diesen Film bis zum Schluss anschaut, ihn offensichtlich nötig gehabt hat.“

„Hollywood manipuliert doch ständig. Schauen Sie sich doch den Film „Air Force One“ an. Das ist reine amerikanische Polit-Propaganda. Aber es ist so verkauft worden, dass wir es gar nicht merken. Und das halte ich für sehr gefährlich.“

„Ich weiß nur, dass wir heute in einer Gesellschaft leben, in der wir Gewalt wahrnehmen, wie wir einen warmen Sommerwind wahrnehmen. Kaum etwas schockiert noch, kaum etwas bringt uns zum Nachdenken.“

Drei Zitate aus einem Stern-Interview. Ganz abgesehen davon, dass der Patriotismus in „Air Force One“ nun wirklich nicht zu übersehen war, kann jeder geistig normale Mensch zwischen gespielter und realer Gewalt unterscheiden. Und, das ist meine ganz persönliche Meinung, der Mensch braucht Gewalt und Horror. Denn trotz unserer Entwicklung haben wir eines nie verloren: Unsere niederen Instinkte. Und aus diesem Grund schauen wir Action- und Horrorfilme, die Gewalt zur Unterhaltung einsetzen. Um diese Instinkte zu befriedigen. Ist das verwerflich? Nein. Ist das primitiv? Vielleicht. Ist das menschlich? Ja.

Mein Fazit

Als Thriller durchaus sehenswert, sofern man sich für ruhige Filme begeistern kann. Als Aussage jedoch ist „Funny Games U.S.“ viel zu oberflächlich, um ihn ernst nehmen zu können …

Meine Wertung: 6/10

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