So langsam werde ich müde. Wer mir bei Twitter folgt (oder einen Blick auf den Kalender wirft und eins und eins zusammenzählt), weiß auch, wieso. Richtig, ich habe mir in der letzten Nacht statt zu schlafen die Oscar-Verleihung angeschaut. Und erfreue mich nun an einem Tag Urlaub – den ich als alter Mann nach einer Nacht ohne Schlaf auch dringend benötige. Aber das soll hier nicht das Thema sein. Nein, heute beschäftige ich mich mit dem Filmklassiker „Casablanca“, einen der wohl am häufigsten zitierten Filme überhaupt. In diesem Sinne: Schau mir in die Review, Kleines!

Worum geht’s

Während des zweiten Weltkrieges versuchen zahlreiche Flüchtlinge, aus den von den Nazis besetzten Ländern nach Amerika überzusiedeln. Der einzig sichere Hafen liegt in Lissabon, doch ist dieser nur noch schwer zu erreichen. Eine der wenigen Möglichkeiten stellt die im neutralen Marokko gelegene Stadt Casablanca dar. Hier betreibt der zynische Amerikaner Rick Blaine (Humphrey Bogart) eine Bar, die als Treffpunkt für Flüchtlinge auf der Suche nach Ausreisepapieren gilt. Rick selbst hält sich stets aus allen illegalen Geschäften raus. Diese Einstellung und die regelmäßigen Roulette-Gewinne des französischen Polizeichefs Captain Louis Renault (Claude Rains) sichern ihm ein ruhiges Leben und profitable Gewinne. Eines Abends betreten der von den Nazis gesuchte Widerstandskämpfer Victor Laszlo (Paul Henreid) und dessen Frau Ilsa Lund (Ingrid Bergman) Ricks Bar. Die beiden benötigen dringend einen Flug nach Lissabon, da die Nazis ihnen bereits auf den Fersen sind. Was Victor nicht ahnt: Rick und Ilsa haben eine gemeinsame Vergangenheit …

Meine Meinung

Das ist er also, DER große Klassiker, den jeder Filmfan gesehen haben sollte. Aus historischer Sicht betrachtet, stimme ich dem sogar zu, doch wenn ich ganz ehrlich bin, hat mich der Film selbst ein kleines bisschen enttäuscht. Zugegeben, Humphrey Bogarts zynische Kommentare sowie seine überheblichen Sprüche sind eine Klasse für sich. Der von Claude Rains hervorragend gespielte schlitzohrige Polizeichef ist herrlich undurchsichtig und gleichzeitig für viele Schmunzler gut. Und die Geschichte ist an Tragik und Dramatik nur schwer zu überbieten und überrascht im berühmten und durchaus spannenden Finale am Flughafen sogar mit der einen oder anderen unerwarteten Wendung.

Dennoch hat mir etwas gefehlt. Und zwar ausgerechnet die Leidenschaft, von der im Zusammenhang mit „Casablanca“ zwar oft gesprochen wird, von der im Film selbst jedoch nur selten auch wirklich etwas zu spüren ist. Viel zu emotionslos wirkt der Umgang der Figuren miteinander, als dass ich von großen Gefühlen sprechen mag, die sich da vor mir auf dem Fernseher abspielten. Lediglich Ingrid Bergman schaffte es zeitweise, mich davon zu überzeugen, dass hier so etwas wie Liebe im Spiel ist. Humphrey Bogart und Paul Henreid hingegen wirkten auf mich viel zu sachlich und ihre, zum Glück niemals schwülstigen, Liebesschwüre dadurch letztlich unglaubwürdig. Die an sich ergreifende Dreiecksgeschichte und insbesondere die eigentlich tragische Abschiedsszene ließen mich dadurch leider völlig kalt.

Dennoch bin ich froh, „Casablanca“ endlich gesehen zu haben. Nicht nur, weil ich nun endlich den Ursprung zahlloser Zitate und Anspielungen kenne. Auch nicht, weil ich nun weiß, dass es nicht „Schau mir in die Augen, Kleines“, sondern je nach Synchronfassung „Ich schau“ bzw. „Ich seh dir in die Augen, Kleines“ heißt. Nein, ich bin froh, weil „Casablanca“ trotz seiner Schwächen ein guter Film und eine gelungene Mischung aus tragischer Romanze und patriotischem Spionagethriller ist, die einen interessanten Blick auf die damalige Zeit ermöglicht.

Mein Fazit

Ein zynischer Protagonist, gelungene Dialoge, ein wenig Spionage, viel Tragik und eine große Liebe – von der im Film leider nur wenig zu spüren ist. „Casablanca“ vereint gekonnt mehrere Genres in sich und ist stets interessant, bleibt letztlich aber zu kühl, um wirklich zu fesseln.

Meine Wertung: 7/10

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