Im Kino gesehen: 96 Hours

von | 21. Februar 2009 | Filmtagebuch | 3 Kommentare

Als Fan handgemachter Actionfilme hat man es heutzutage nicht leicht. Sicherlich, es kracht im Kino an allen Ecken und Enden, aber auch wenn Filme wie “Transporter 3” durchaus unterhalten, so sind sie doch zu überzogen, um vollends überzeugen zu können. Und gibt es mal einen Film, der mit “realistischer” Action zu punkten weiß, dann ist er wie der letzte Bond-Auftritt so verwackelt und schnell geschnitten, dass man davon wenig bis gar nichts sieht. Doch immer dann, wenn man glaubt, dass altmodische Actionkino sei tot, kommt ein Film daher, der die Hoffnung wieder aufkeimen lässt …

Worum geht’s

Ex-Agent Bryan Mills (Liam Neeson) hat seinen Job an den Nagel gehängt, um mehr Zeit mit seiner Tochter Kim (Maggie Grace) verbringen zu können. Als diese mit einer Freundin nach Paris reisen möchte, hat Bryan zwar Bedenken, willigt aber auf Drängen seiner Ex-Frau Lenore (Famke Janssen) ein. Kaum in der Pariser Wohnung angekommen, dringen Unbekannte ein und entführen die beiden Mädchen. Bryan, der in diesem Moment zufällig gerade mit seiner Tochter telefoniert, hat für die Entführer nur wenige Worte übrig:

“Ich weiß nicht, wer Sie sind. Ich weiß nicht, was Sie wollen. Falls Sie auf Lösegeld aus sind, kann ich Ihnen versichern, ich habe kein Geld. Aber was ich habe, sind ganz besondere Fähigkeiten. Fähigkeiten, die ich mir im Laufe einer langen Karriere angeeignet habe. Fähigkeiten, durch die ich für Typen wie Sie zum Albtraum werde. Wenn Sie meine Tochter jetzt frei lassen, ist die Sache erledigt. Aber wenn nicht, werde ich Sie jagen. Ich werde Sie aufspüren. Und ich werde Sie töten.”

 Meine Meinung

Wer nach dem höchst atmosphärischen Trailer einen typischen Entführungsthriller erwartet, dürfte im Kino eine Überraschung erleben. Nach einer kurzen Einführung, in der ganz nebenbei klargestellt wird, dass mit Liam Neesons Charakter nicht zu spaßen ist, entpuppt sich “96 Hours” schnell als harter Actionfilm im Stil der 80er-Jahre. Im Endeffekt ist “Taken”, so der wesentlich bessere Originaltitel, ein “Phantom Kommando” ohne den übertriebenen Humor und ohne großkalibrige Waffen.

“Erkennst du mich nicht? Wir haben vorgestern telefoniert. Ich sagte doch, ich würde dich finden.”

Jack Bauer wäre stolz auf Bryan Mills. Nicht nur, dass beide ihre Töchter Kim genannt haben (ein Zufall?), beide sind ähnlich kompromisslos bei der Wahl ihrer Mittel, wenn es darum geht, einen geliebten Menschen zu befreien. Und so foltert und tötet Liam Neeson sich durch die Pariser Unterwelt, dass es eine Wonne ist. Die Folterszenen werden sicherlich dem einen oder anderen Zuschauer sauer aufstoßen, doch passen sie perfekt zu Neesons Charakter, der seine Tochter über alles liebt und bereit ist, für ihr Leben jegliche Grenzen zu überschreiten.

“Ich glaube dir. Aber das wird dich auch nicht retten.”

Kommen wir zum wichtigsten Punkt eines Actionfilms: Der Action. Von einer Verfolgungsjagd abgesehen, dominieren Schießereien und vor allem zahlreiche Handgemenge den Film. Letzte sind auf Effektivität und nicht auf Stil ausgelegt. Die Gegner werden schnell und direkt ausgeschaltet, lediglich im Finale gibt es einen längeren Kampf zu bewundern. Doch egal ob kurz oder lang, alle Kämpfe sind hervorragend choreografiert und in ihrer brutalen Direktheit wunderschön anzusehen. Und dank der im Vergleich zu anderen modernen Actionfilmen relativ ruhigen Kameraführung kann man ihnen sogar folgen. Zwar wackelt es auch in “96 Hours” ein wenig und auch der eine oder andere schnelle Schnitt ist auszumachen, doch hält sich dies stets im Rahmen, so dass die Übersicht nicht darunter leidet.

Zu den Darstellern lässt sich nur sagen, dass “96 Hours” durch und durch eine Liam-Neeson-One-Man-Show ist. Der Film lebt von seiner Wut, seiner Entschlossenheit und seiner Präsenz. Und wieder einmal wurde mir beim Schauen schmerzlich bewusst, dass Neeson viel zu selten auf der Leinwand zu sehen ist. Alle anderen Darsteller fallen weder positiv noch negativ auf, sind aber auch zu selten auf der Leinwand, um auftrumpfen oder versagen zu können.

Mein Fazit

Herrlich altmodischer Actionfilm, bei dem sowohl die minimalistische Alibistory als auch die harten und kompromisslosen Actionszenen an die guten alten 80er erinnern. Bitte mehr davon!

Meine Wertung: 9/10

3 Kommentare

  1. Deiner Beurteilung kann ich nur zustimmen. Ein wirklich sehr sehenwerter Actionthriller, der unter die Haut geht und niveuvoll zu unterhalten weiss. Auch wenn das Motto „100 Leichen für meien Tochter“ moralisch zu überdenken wäre, ist dieser Film definitiv die Überraschung des Jahres 2009 (obwohl schon lange in 2008 in USA) und hat sich definitiv einen Platz in meiner Favoritenliste erobert!

    Liebe Grüße

    Daniel

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  2. Moralisch fragwürdig ist „96 Hours“, da gebe ich dir völlig recht. Aber manchmal sind moralisch fragwürdige Filme genau das, was ich nach einem langen Arbeitstag sehen möchte. 😉

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  3. Ein genialer Film – lief auch gerade erst bei SKY. Hab ihn inzwischen mehrfach gesehen. Geht am Anfang ein wenig langsam los – aber dann geht das Feuerwerk los. Ist einer meiner Lieblingsfilme geworden und Liam Neeson passt auf die Rolle als rächender Familienvater perfekt.

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