Oppenheimer (2023)

von | 6. April 2024 | Filmtagebuch | 0 Kommentare

Vorgestern hatte ich Lust, eine Tradition aus alten Blog-Zeiten wieder aufleben zu lassen, und so ließ ich bei Threads darüber abstimmen, welchen Film ich am Freitag (also gestern) schauen würde. Wie ihr anhand des Titels dieses Beitrags unschwer erkennen könnt, wurde es Christopher Nolans Drei-Stunden-Biografie-Epos „Oppenheimer“. Keine leichte Kost für einen Freitagabend, aber so viel sei schon mal verraten: Es war eine gute Wahl!

Worum geht’s

Da seine Sicherheitsfreigabe erneuert werden muss, wird der Physiker J. Robert Oppenheimer (Cillian Murphy) 1954 zu einer Sicherheitsanhörung geladen. Fünf Jahre später soll der Politiker Lewis Strauss (Robert Downey Jr.) im Rahmen einer Senatssitzung von dem US-Senat als Handelsminister bestätigt werden. In beiden Befragungen wird das Manhattan-Projekt eine entscheidende Rolle spielen. Jenes Projekt, das zum Bau der ersten Atombombe führte …

Meine Meinung

Christopher Nolan wird nicht selten als einer der besten Regisseure unserer Zeit bezeichnet. Und vermutlich stimmt das sogar. Dennoch halte ich viele seiner Filme für stark überschätzt. Ich liebe „The Dark Knight“, „Batman Begins“ und insbesondere den grandiosen „Memento“, kann die Begeisterung für „Inception“ und „Tenet“ allerdings nicht teilen. Dasselbe gilt für „Interstellar“, den ich stellenweise sogar unfreiwillig komisch finde. Nolans aktueller Film „Oppenheimer“ hingegen hat mir ausgesprochen gut gefallen – obwohl auch dieser nicht perfekt ist.

Wofür ich Christopher Nolan Respekt zolle: Er hat stets eine Vision. Und diese setzt er auch um. „Oppenheimer“ macht hier keine Ausnahme. Während andere Regisseure aus dem Stoff vermutlich eine linear erzählte Biografie gemacht hätten, erzählt Nolan die Geschichte in Rückblenden – und das aus gleich zwei Rahmenhandlungen heraus (die beiden oben genannten Befragungen). Daraus folgt, dass der Film ständig zwischen verschiedenen Zeitebenen und Handlungssträngen hin und her springt, und das in einem Tempo, das unaufmerksame Zuschauer schnell überfordern wird. „Oppenheimer“ ist definitiv kein Film für Menschen, die zwischendurch gerne mal aufs Smartphone schauen. Wer auch nur wenige Sekunden lang nicht aufpasst, verliert in diesem Film sofort den Anschluss. Und ich liebe alles daran. Zum einen, weil in dem Film dadurch trotz seiner drei Stunden zu keiner Zeit Langeweile aufkommt. Und zum anderen, weil mir Menschen, die Filme nur nebenbei schauen, gehörig auf den Senkel gehen. Sorry not sorry.

Wer in „Oppenheimer“ nicht aufpasst, verliert allerdings nicht nur den inhaltlichen Anschluss, sondern verpasst unter Umständen auch einige der besten Darstellerleistungen der letzten Jahre. Dass Cillian Murphy ein hervorragender Schauspieler ist, ist zwar wahrlich nichts Neues, aber hier beweist er einmal mehr, wie gut er tatsächlich ist. Dasselbe gilt auch für alle anderen Beteiligten (alle Namen hier aufzuführen, würde bei dieser großartigen Besetzung zu lange dauern) – wobei, und jetzt komme ich zu meinem ersten Kritikpunkt, die Figuren zu wenig Raum bekommen, um sich zu entfalten. Die meisten Charaktere bleiben erstaunlich blass und oberflächlich, worunter insbesondere die tragischen Momenten leiden. Selbst der titelgebende J. Robert Oppenheimer wird als Mensch erst im letzten Drittel so richtig greifbar. Schade.

Wirklich auffallen tut das allerdings erst, wenn man nach dem Film in Ruhe darüber nachdenkt, denn wenn Nolan eines kann, dann ist das, inhaltliche Schwächen mit fantastischen Bildern und einem genialen Score zu überdecken. „Oppenheimer“ macht hier keine Ausnahme. Visuell ist der Film eine Wucht. Und das gilt nicht nur für die unglaublich spannend inszenierte Detonation während des Trinity-Tests. Auch in den Dialogen ist „Oppenheimer“ einfach nur wunderschön anzuschauen. Und der tolle Score sorgt zusätzlich dafür, dass selbst der ruhigste Moment jederzeit eine gewisse Spannung erzeugt. „Oppenheimer“ ist definitiv ein Fest für die Sinne.

Was der Film hingegen nicht ist, ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Atomwaffen. Und insbesondere diese Entscheidung finde ich dann doch sehr enttäuschend. Ein paar Diskussionen weniger über das Thema Kommunismus und ein paar mehr über die Folgen solch einer Waffe hätten „Oppenheimer“ meiner Meinung nach gutgetan. Womit ich nicht sagen möchte, dass der Film die Entwicklung, den Bau und insbesondere den Einsatz der Atombombe nicht verurteilt. Speziell die Schlusseinstellung ist in ihrer Aussage ziemlich eindeutig. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass dieses Thema im Film eine größere Rolle spielt.

Sei’s drum, so oder so ist „Oppenheimer“ ein wirklich starker Film, den man meiner Meinung nach gesehen haben sollte. Und sei es nur, um die eigene Aufmerksamkeitsspanne mal wieder etwas zu trainieren.

Meine Wertung: 8/10

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