She Said (2022)

2017 berichteten die Journalistinnen Jodi Kantor und Megan Twohey in der New York Times über Vorwürfe gegen den Filmproduzenten Harvey Weinstein, der von zahlreichen Frauen des sexuellen Missbrauchs bis hin zur Vergewaltigung beschuldigt wurde. Mit ihrem Artikel brachten sie nicht nur einen der mächtigsten Männer Hollywoods zu Fall, sondern indirekt auch die #MeToo-Bewegung ins Rollen.

Letztes Jahr wurde mit „She Said“ eine Verfilmung eben dieser Ereignisse veröffentlicht, wobei Maria Schraders Drama auf dem gleichnamigen Sachbuch der beiden Journalistinnen (im Film gespielt von Zoe Kazan und Carey Mulligan) beruht und einen klassischen Journalismus-Film darstellt. Dementsprechend behandelt der Film hauptsächlich die ausführliche Recherche der beiden Journalistinnen bis hin zur finalen Veröffentlichung des Artikels. Ein wenig erinnert der Film dadurch an den thematisch ähnlich gelagerten „Spotlight“, der mich bei Veröffentlichung allerdings deutlich stärker packen konnte und meiner Meinung nach noch mal in einer anderen Liga spielt.

Damit möchte ich allerdings keineswegs sagen, dass mir „She Said“ nicht gefallen hat. Ganz im Gegenteil, der Film ist meiner Meinung nach absolut sehenswert. Nicht nur, dass Zoe Kazan und Carey Mulligan fantastisch spielen, auch gelingt dem Film ein interessanter Einblick in die Arbeit sowie in das Innenleben der beiden Journalistinnen und zeigt einmal mehr, wie viel Zeit und Arbeit Journalisten in eine gründlichen Recherche stecken – und auch stecken sollten, wenn sie ihrer Arbeit gerecht werden möchten.

Wer sich auch nur im Ansatz für Journalismus-Filme interessiert, macht hier definitiv nichts verkehrt. Und sollte hier jemand mitlesen, der Bedenken hat, „She Said“ könnte Männer generell als Sexisten darstellen: Keine Sorge, das tut der Film nicht. Ganz im Gegenteil, Regisseurin Maria Schrader macht speziell in einer Szene auf sehr dezente Art klar, dass selbstverständlich nicht alle Männer eine Bedrohung sind. Dafür gibt’s noch mal einen extra Daumen nach oben!

Meine Wertung: 8/10

Men: Was dich sucht, wird dich finden (2022)

Kurz vor Ablauf der Leihfrist habe ich es dann doch noch geschafft, mir Alex Garlands („Ex Machina“, „Auslöschung“) Horrordrama „Men: Was dich sucht, wird dich finden“ anzuschauen. Und war gleichermaßen fasziniert wie ernüchtert. Aber der Reihe nach …

Worum geht’s

Um etwas Abstand zu gewinnen und sich von einem tragischen Ereignis zu erholen, mietet sich Harper (Jessie Buckley) für zwei Wochen ein Landhaus in einem abseits gelegenen Dorf. Dort trifft Harper nicht nur auf den zwar netten, aber auch leicht schrulligen Vermieter Geoffrey (Rory Kinnear), sondern auch auf den örtlichen Priester und diverse andere männliche Dorfbewohner (allesamt gespielt von Rory Kinnear), die sich ebenfalls leicht merkwürdig verhalten. Als ein nackter Obdachloser (gespielt von, ihr ahnt es schon, Rory Kinnear) versucht ins Landhaus einzudringen, droht die Situation zu eskalieren …

Meine Meinung

„Men: Was dich sucht, wird dich finden“ als schräg zu bezeichnen, wäre die Untertreibung des (noch jungen) Jahres. Ganz ehrlich: Ich bin mir nicht sicher, was ich von dem Film halten soll. Einerseits ist er durchaus faszinierend, andererseits hat er mich aber leider auch erschreckend kalt gelassen.

Auf den Inhalt möchte ich ehrlich gesagt gar nicht großartig eingehen. Zum einen, weil insbesondere die Frage, worum es denn nun eigentlich geht, einen großen Teil der Faszination ausmacht. Und zum anderen, weil am Ende mehr als genug Fragen offen bleiben, um das Geschehen höchst individuell interpretieren zu können. Wer seichte Hirn-aus-Unterhaltung für einen verregneten Sonntagnachmittag sucht, ist hier definitiv beim falschen Film gelandet. Wer sich gerne mit gesellschaftskritischen Themen beschäftigt, und es liebt, im Nachgang über Filme zu philosophieren, der dürfte an „Men“ hingegen seine Freude haben.

Worauf ich hingegen eingehen möchte, ist die Optik des Films. Denn meine Güte, sieht „Men“ grandios aus! Es ist wirklich lange her, dass ich so schöne, perfekt inszenierte Bilder gesehen habe. Egal ob sattgrüner Wald, spärlich beleuchteter Tunnel oder Tierkadavar, hier sieht alles auf seine ganz spezielle Art fantastisch aus. Hinzu kommt eine ebenfalls grandiose Tonarbeit, die das Geschehen perfekt untermalt. Audiovisuell ist der Film zweifellos ein echter Volltreffer. Dasselbe gilt übrigens für Jessie Buckley und Rory Kinnear, die beide einfach nur fantastisch spielen, wobei Rory Kinnear insbesondere durch seine verschiedenen Rollen in Erinnerung bleibt, während Jessie Buckley als gleichzeitig verletzliche wie auch starke Harper überzeugt.

Dass mich der Film trotzdem nicht vollends überzeugen konnte, liegt einerseits an der für meinen Geschmack etwas überfrachteten Symbolik mit teils zweifelhafter Botschaft (zumindest nach meiner Interpretation), und andererseits daran, dass trotz atmosphärischer Bilder (und einem Finale, das mit seinem Body-Horror schon fast einem David-Cronenberg-Film entsprungen sein könnte) nie eine echte Bedrohung entsteht. Zumindest hatte ich nie das Gefühl, mich um Harper sorgen zu müssen. Das mag im Kontext des Films sogar Sinn ergeben, dem Spannungsbogen wurde damit aber kein Gefallen getan.

Mein Fazit

„Men: Was dich sucht, wird dich finden“ ist ein optisch beeindruckendes Horrordrama mit grandiosen Darstellern, das zur eigenen Interpretation einlädt, spannungstechnisch aber eher auf Sparflamme vor sich hin köchelt.

Meine Wertung: 6/10

Meine Stunden mit Leo (2022)

Ab und an werde ich gefragt, ob ich ausschließlich Horror-, Science-Fiction- und Actionfilme schaue. Dem ist natürlich nicht so. Auch wenn diese Genres bei mir durchaus überwiegen, schaue ich grundsätzlich alles, was mich in irgendeiner Art und Weise anspricht.

Heute zum Beispiel stand „Meine Stunden mit Leo“ auf dem Programm. Ein ruhiges, dialoglastiges Drama, in dem die 55-jährige Witwe Nancy (Emma Thompson) den deutlich jüngeren Sexarbeiter Leo (Daryl McCormack) engagiert, um mit ihm all das auszuleben, was ihr in ihrer eher drögen Ehe nicht möglich war.

Wer dabei auf zahlreiche Sexszenen hofft, darf seine Erwartungen direkt korrigieren. Zwar spielt Sex in dem Film eine durchaus große Rolle (und zum Ende hin wird’s tatsächlich relativ explizit), doch eher in Form von Gesprächen. In diesen geht es neben Sex auch um existenzielle Themen wie unerfüllte Wünsche, Sehnsüchte, Erwartungen, Enttäuschungen und Selbstwahrnehmung. Das hätte langweilig werden können, ist es zum Glück aber nicht. „Meine Stunden mit Leo“ beginnt extrem amüsant, und entwickelt sich im späteren Verlauf zu einem sehr berührenden Film, der nicht nur durch erfreulich natürliche Dialoge, sondern auch durch zwei extrem spielfreudige Darsteller überzeugt, die ihre sympathischen Figuren mit jeder Menge Leben erfüllen. Kurz: Hat mir richtig gut gefallen.

Meine Wertung: 8/10

 

The Menu (2022)

Am 17. November 2022 startete „The Menu“ in unseren Kinos, und schon jetzt, exakt zwei Monate und einen Tag später, ist der Film bei Disney+ verfügbar. Man könnte vermuten, dass fehlende Qualität dafür verantwortlich ist, aber weit gefehlt: „The Menu“ ist meiner Meinung nach nicht nur der beste Film des Jahres 2022, er gehört auch generell zu den besten Filmen, die ich in den letzten Jahren sehen durfte.

Worum es geht? Um Tyler (Nicholas Hoult) und dessen Begleitung Margot (Anya Taylor-Joy), die gemeinsam mit 11 weiteren geladenen Gästen und deren Begleitung auf einer abgelegenen Insel an einem Dinnerabend des Meisterkochs Julian Slowik (Ralph Fiennes) teilnehmen.

Mehr möchte ich an dieser Stelle auch gar nicht verraten, den je weniger ihr über den Film wisst, desto besser. Es reicht zu wissen, dass „The Menu“ dank seiner unheilvollen Atmosphäre von der ersten Minute an fesselt und diese Spannung bis zum Ende hin halten kann. Und dass der Film nicht nur ein hochspannender Thriller, sondern auch eine tiefschwarze Komödie und eine Gesellschaftssatire ist, die zum Nachdenken anregt. Ralph Fiennes spielt den besessenen Meisterkoch einfach nur fantastisch und Anya Taylor-Joy beweist einmal mehr, dass sie zu den besten Darstellern ihrer Generation gehört. Der Film ist so gut, dass ich ihn jetzt gerade, während ich diesen Text schreibe, ein zweites Mal schaue. Wenn euch das nicht überzeugt, dann weiß ich auch nicht.

Und nun entschuldigt mich bitte. Durch das ganze Essen im Film habe ich tierisch Lust auf einen Cheeseburger bekommen.

Meine Wertung: 10/10

 

Monstrous (2022)

Irgendwann in den 50ern. Um ihrem Ehemann zu entkommen, zieht Laura (Christina Ricci) mit ihrem Sohn Cody (Santino Barnard) nach Kalifornien. Laura hofft, in einem abgelegenen Haus etwas Ruhe zu finden. Daraus wird allerdings nichts, denn jede Nacht steigt ein Monster aus dem nahe gelegenen See – und dieses Monster hat es offenbar auf Cody abgesehen …

Mysterythriller sollten im Idealfall zwei Anforderungen erfüllen: Erstens sollten sie spannend sein. Und zweitens die Zuschauer überraschen. „Monstrous“ versagt leider in beiden Disziplinen. Die Geschichte bietet zwar gleich zwei Twists, doch sind beide einfach viel zu vorhersehbar. Den ersten sah ich bereits nach 3 Minuten und 56 Sekunden, den zweiten dann nach 24 Minuten und 45 Sekunden kommen. Und war fortan nur noch damit beschäftigt, darauf zu hoffen, dass es so simpel nicht sein würde. War es aber. Dadurch, dass die nächtlichen Angriffe zwar solide, aber ohne Gespür für echte Spannung inszeniert wurden, und das künstlich aussehende CGI-Monster zudem eher wenig bedrohlich wirkte, kam bei mir leider auch keinerlei Nervenkitzel auf. Als Ergebnis fühlte sich der gerade mal 88 Minuten kurze Film wesentlich länger an, als er tatsächlich war. Daran konnten auch die wie immer gut spielende Christina Ricci und die wirklich schicke Ausstattung nichts ändern.

Meine Wertung: 4/10

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