Ich muss zugeben, dass ich „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ bereits in der Preview am 21.05. gesehen habe. Schuld an dieser späten Review ist keineswegs meine Faulheit oder das schöne Wetter, sondern vielmehr die Tatsache, dass ich über das Gesehene ein wenig nachdenken und vor der Review noch einmal die ersten drei Teile schauen wollte.
Worum geht’s
1957. Area 51. Ein US-Konvoi verschafft sich gewaltsam Zutritt, die vermeintlichen Amerikaner entpuppen sich als Russen auf der Suche nach einem Artefakt. Ihr Gefangener: Dr. Henry Jones Jr. (Harrison Ford), besser bekannt als Indiana Jones. Indy kann den Russen zwar durch eine halsbrecherische Aktion entkommen, das Artefakt muss er ihnen aber überlassen. Wieder an seiner Universität angekommen, erfährt Indy von dem jungen Mutt Williams (Shia LaBeouf), dass die Russen auf der Suche nach der geheimnisvollen Stadt Akator sind, von der sie sich grenzenlose Macht erhoffen …
Meine Meinung
Bevor ich zum neuesten Indiana-Jones-Streich komme, muss ich noch ein paar Worte zu den ersten drei Teilen verlieren. Keine Angst: Wirklich nur ein paar! Ich mag die alten Indy-Filme. Ich mag sie sogar sehr. Aber ich kann euch nicht erklären, wieso ich sie eigentlich so sehr mag. Versuche ich die Filme objektiv zu betrachten, blicke ich auf drei Abenteuerfilme mit gradliniger Story zurück, mit denen ich kein Aha-Erlebnis verbinde. Vielmehr sind es die vielen Kleinigkeiten, die sich zu einem Ganzen, einem Großen summieren. Und damit komme ich auch schon zu „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“.
Als ich das Kino verließ, war ich ein wenig unschlüssig, was ich von dem neuen Indy halten sollte. Doch je mehr ich darüber nachdenke und je mehr ich mein modernes, Highlight-geprägtes Sehverhalten abstreife, umso besser gefällt er mir. Wie die alten Teile bietet auch der vierte Indy keine Aha-Erlebnisse, bei denen ich dachte „Genau dafür wurde das Kino erfunden!“. Aber das macht gar nichts, denn stattdessen kann er mit der gewohnten Mischung aus Abenteuer, (überzogener) Action und Humor aufwarten. Und die funktioniert auch im Jahr 2008 immer noch perfekt. So vergingen die zwei Stunden im Kino wie im Flug, ganz im Gegensatz zu dem Dauergrinsen, das ich dank zahlreicher Anspielungen und Querverweise nicht aus meinem Gesicht verbannen konnte. So kommt zum Beispiel eine Schlange zu einem grandiosen Auftritt und darf Harrison Ford seiner Han-Solo-Rolle aus „Star Wars“ huldigen. Großartig!
Eines muss allerdings klipp und klar gesagt werden: Indy ist mit der Zeit gegangen. Damit meine ich keineswegs die Inszenierung, die passt sich nämlich perfekt der alten Teile an, sondern vielmehr die Story um den Kristallschädel und die Stadt Akator. Wer sich nicht damit abfinden kann, dass der Film in den Fünfzigern spielt, in einer Zeit, in der Alien-Hysterie Hochkonjunktur hatte, und Indiana-Jones-Filme lediglich mit religiösen Artefakten in Verbindung bringt bzw. bringen möchte, wird mit dem Film ein Problem haben.
Ebenfalls ein Problem haben werden diejenigen, die auf Realismus in Actionszenen wert legen. Allerdings kreide ich die Tatsache, dass Dr. Henry Jones Jr. mehr Glück als John Rambo in Birma hat, dem Film nicht an: Dass Realismus in einem Indy-Film nicht viel zu suchen hat und oft durch Glück ersetzt wird, ist hinlänglich bekannt und gehört einfach dazu. Man erinnere sich nur an die Schlauchboot-Szene in „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ …
Harrison Ford, gealtert, aber keineswegs alt, spielt seine Paraderolle mit sichtlicher Freude und empfiehlt sich durchaus für ein oder zwei weitere Fortsetzungen. Und dann bitte wieder im Zusammenspiel mit Shia LaBeouf – der im Internet aus mir nicht verständlichen Gründen gehasst wird wie kein zweiter. Okay, durch Uwe Boll wird er eventuell getoppt, aber das war es dann auch. Sei es drum: Die Chemie zwischen Ford und LaBeouf stimmt ebenso wie die zwischen Ford und Karen Allen, die in die Rolle der Marion Ravenwood zurückkehren durfte. Ein wenig blass bleiben hingegen Cate Blanchett als Indys Gegenspielerin Irina Spalko, John Hurt als Professor Oxley und vorallem Ray Winstone als Indys Freund Mac. Schade, denn bei diesen Schauspielern wäre sicherlich mehr Tiefe drin gewesen.
Die musikalische Untermalung von John Williams tendiert zwischen „ganz nett“ (das neue Theme) und „Gänsehaut pur“ (die alten Themes, bevorzugt das der Bundeslade). Neue Akzente setzen kann er mit diesem Score leider nicht.
Mein Fazit
Herrlich altmodischer Film, der wie die vorherigen Teile ohne echte Höhepunkte auskommt (steinigt mich für diese Aussage ruhig), dafür aber von Anfang bis Ende auf einem erfreulich hohen Niveau unterhält. Derzeit genießt der Film zwar noch den Ruf, nicht so recht zu den alten Teilen passen zu wollen, aber ich denke, diesen Ruf wird er noch abstreifen. Ein Film, der mit der Zeit reift.
Hm, dass Indy’s Artefakt im vierten Teil in den Bereich des Außerirdischen gewechselt ist, hat mir zwar nicht sonderlich gut gefallen, aber das war nicht das Hauptproblem. Mich hat im Prinzip vor allem der Schluss gestört, beginnend mit der verquasten Untertassensequenz und dem was dann danach noch kam…
Warum zur Zeit ein solches „Shia LaBeouf – Bashing“ stattfindet, ist mir auch nicht klar. Er ist bei weitem nicht so schlecht, wie er geschrieben wird. Aber: Wirklich überzeugend hat er seinen Charakter nicht rüberbringen können – und das lag nicht nur am Drehbuch. Da hat er ohne Zweifel noch einiges zu Lernen.
Die UFO-Szene fand ich richtig klasse: Wie Indy am Hang steht und das Geschehen beobachtet – toll!
Okay, über das (oder heißt es den?) Alien könnte man streiten, aber dann würde ich sofort auf die Öffnung der Bundeslade in „Jäger des verlorenen Schatzes“ verweisen. 😉
Was hast du denn an LaBeoufs Leistung auszusetzen? Auch wenn ich ihn jetzt nicht unbedingt für den Oscar vorschlagen würde, negativ aufgefallen ist mir nichts. Ich fand seine Leistung sehr solide.
Also bitte! Keine Vergleiche zwischen nem „UFO“ und der „Bundeslade“. 😉
Mir wäre es einfach lieber gewesen, wäre diese Sequenz dezenter gewesen. Diese Computer-animierte Untertasse war für mich dann zu viel, und dann noch diese zucksüße Ende in Weiß…
Zu LaBeouf: Wie ich bereits bei mir geschrieben habe: Dem Jungschauspieler fehlt (noch) das, was Ford hat – Nämlich Ecken und Kanten, eine charismatische Ausstrahlung. LaBeouf geht dies ab, alle 5 Minuten Haare kämmen reicht für ein Profil nicht aus. 😉
Auf meinem Blog darf ich alles – sogar die Bundeslade mit einem UFO vergleichen! Bätsch! 😉
Ich hätte es ja auch origineller gefunden, wenn ein schmucker Tie-Fighter abgehoben hätte *g*, aber in den Fünfzigern wurden UFOs nun einmal als fliegende Untertassen dargestellt. Insofern finde ich das Design nur konsequent.
Das weiße Ende hätte wirklich nicht sein müssen, aber gestört hat es mich auch wieder nicht. Vorallem finde ich die Szene mit Indys Hut klasse!
Schauen wir mal wie LaBeouf sich noch entwickelt: In dem Jungen steckt auf jeden Fall großes Potential!
Ich habe mich auch bestens unterhalten gefühlt. Nur der angesprochene Schluß war mir etwas zu überdreht und die (Vorsicht Spoiler!) Hochzeit hätte man sich auch sparen können.
Aber ansonsten perfektes Unterhaltungskino.
Die Hochzeit haben Spielberg und Lucas bestimmt nur eingebaut, um den nächsten Teil mit einer Scheidung zu beginnen … 😉