22. September 2023 |
Ich sag’s, wie es ist: Schaue ich einen Film zum ersten Mal, dann am liebsten alleine. Es gibt keine Ablenkung. Ich muss mir keine Gedanken darüber machen, ob der Film der anderen Person gefällt. Oder anders formuliert: Ich kann mich voll und ganz auf das Geschehen konzentrieren und einlassen. Meistens ist es genau so perfekt. Unbefriedigend wird’s nur, wenn ein Film so viel zu bieten hat, dass ich direkt danach gerne mit jemandem über das eben Gesehene diskutieren und philosophieren würde. Der seit heute bei Disney+ verfügbare Science-Fiction-Film „No One Will Save You“ ist einer dieser seltenen Filme.
In diesem geht’s um die junge Brynn (Kaitlyn Dever), die seit dem Tod ihrer Mutter alleine und zurückgezogen in ihrem Elternhaus lebt. Als Brynn eines Nachts Geräusche aus der unteren Etage wahrnimmt, vermutet sie Einbrecher in ihrem Haus, muss dann jedoch schockiert feststellen, dass Außerirdische es auf sie abgesehen haben …
In den letzten Tagen habe ich oft gelesen, dass „No One Will Save You“ eine Art Home-Invasion-Thriller mit Außerirdischen ist. Einerseits stimmt das, andererseits wird das dem Film nicht mal ansatzweise gerecht. Da es jedoch ein Verbrechen wäre, mehr über die Story zu verraten, belasse ich es dabei. Je weniger ihr wisst, desto besser. Was ich jedoch verraten kann, ist, dass der Film sehr speziell ist. Auf eine positive Art.
Da wäre zum einen, dass in dem Film (fast) kein Wort gesprochen wird. Nicht, weil nicht gesprochen werden dürfte (wir sind hier ja nicht bei „A Quiet Place“), sondern weil das Schweigen zu den Personen und Situationen passt – und letztlich mehr aussagt, als es Worte je könnten. Dass der Film auch ohne Worte funktioniert, verdankt er nicht nur seiner packenden Story, sondern insbesondere auch der grandiosen Kaitlyn Dever, die sich hiermit definitiv für Größeres empfiehlt.
Was mir jedoch besonders gefallen hat, ist, dass der Film nicht nur Ideen aus diversen Science-Fiction- und Horrorfilmen kombiniert und neu mischt, sondern gleichzeitig auch als menschliches Drama verstanden werden kann. Während „No One Will Save You“ einerseits ein klassischer Science-Fiction-Invasionsfilm mit unheimlicher Atmosphäre, spannender Story und durchaus gruseligen Aliens ist, behandelt er andererseits auch Themen wie Trauer, Traumabewältigung, Außenseitertum und das menschliche Bedürfnis, anerkannt und respektiert zu werden. Als Ergebnis bietet der Film jede Menge Interpretationsspielraum und Stoff für Diskussionen. Stark. Richtig richtig stark.
Kurz gesagt: „No One Will Save You“ ist ein perfektes Beispiel dafür, wieso ich das Genrekino liebe. Daher kann ich gar nicht anders, als hiermit eine fette Empfehlung auszusprechen!
Meine Wertung: 9/10
14. August 2023 |
Finnland, kurz vor dem Ende des zweiten Weltkriegs. Auf dem Weg zurück nach Deutschland trifft eine Einheit der Wehrmacht auf einen verlotterten Goldschürfer (Jorma Tommila). Als die Soldaten bemerken, dass der Unbekannte tatsächlich Gold bei sich trägt, beschließen sie, ihn zu töten und das Gold an sich zu nehmen. Was sie nicht ahnen: Bei dem vermeintlich wehrlosen alten Mann handelt es sich um den finnischen Elitesoldaten Aatami Korpi, der in seinem Land, nicht ohne Grund, eine Legende ist …
Ihr mögt blutige Actionfilme und könnt gar nicht genug davon bekommen, wenn widerliche Nazis auf brutalste Art ins Jenseits befördert werden? Herzlichen Glückwunsch, dann ist „Sisu“ euer Film! Messer, Schusswaffen, Landminen – was Regisseur Jalmari Helander hier vom Stapel lässt, lässt das Herz eines jeden Actionfans höher schlagen. Realismus dürft ihr hierbei allerdings nicht erwarten. Zwar beginnt der Film noch recht bodenständig, steigert sich in Sachen Gewalt und Absurdität dann aber von Minute zu Minute, bis er am Ende in einem komplett überzeichneten Finale mündet, das auch gut einem Comic entsprungen sein könnte.
Während Jorma Tommila als wortkarge und unkaputtbare („Er ist nicht unsterblich, er weigert sich einfach zu sterben.“) Ein-Mann-Armee ’ne Wucht und eindeutig das Herzstück des Films ist, bleiben sämtliche anderen Figuren leider nur schmückendes Beiwerk oder reines Kanonenfutter. Dies und die Tatsache, dass sich trotz gerade mal 90 Minuten Laufzeit die eine oder andere Länge einschleichen konnte, sorgen dafür, dass „Sisu“ es trotz seines unbestreitbaren Spaßfaktors leider nicht schafft, bei den ganz Großen des Genres mitzuspielen.
Meine Wertung: 7/10
28. Juli 2023 |
Nachdem er sie in einer Bar kennengelernt hat, fährt Hap (Justin Long) die hübsche Mina (Kate Bosworth) nach Hause. Das große Herrenhaus, in dem sie lebt, wirkt zwar durchaus unheimlich auf ihn, doch die Aussicht auf einen One-Night-Stand mit der mysteriösen Schönheit lässt jegliche Bedenken unwichtig erscheinen. Nach und nach muss Hap feststellen, dass Mina nur ein Spiel mit ihm zu spielen scheint. Und dann taucht plötzlich auch noch Minas Schwester Lucy (Gia Crovatin) auf …
Eine moralisch fragwürdig handelnde Person, die an die Falschen gerät und am Ende für ihr Handeln bestraft wird – im Grunde ist die Horrorkomödie „House of Darkness“ eine überlange Folge „Geschichten aus der Gruft“. Und auch wenn der Film mir durchaus gefallen hat, sage ich voraus, dass er vielen Zuschauern zu geschwätzig und langatmig sein wird. Der Horroranteil beschränkt sich nämlich auf die letzten fünf Minuten. Die 80 Minuten davor sind ein Kammerspiel, in dem sich ein Aufreißer mit zwei Frauen unterhält. Und sich dabei um Kopf und Kragen redet. Wer Justin Long und Kate Bosworth mag, auch in scheinbar unbedeutenden Dialogen gerne nach einer Botschaft sucht und ein Faible für kleine Filme hat, wird daran seine Freude haben. Alle anderen werden sich recht bald fragen, wann es denn nun endlich mal zur Sache geht. Insgesamt ist „House of Darkness“ somit eine sehr spezielle Angelegenheit, die als Kurzfilm vermutlich besser funktioniert hätte.
Meine Wertung: 6/10
27. Juli 2023 |
Ich bin derzeit ein wenig melancholisch. Na gut, ich bin immer ein wenig melancholisch. Lasst es mich also anders formulieren: Ich bin derzeit ein wenig melancholischer als sonst. Und in solchen Phasen schaue ich gerne Filme, die zu meiner Stimmung passen. So bin ich heute beim Roadmovie „Dog – Das Glück hat vier Pfoten“ gelandet. In diesem erhält der an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidende Army Ranger Jackson Briggs (Channing Tatum) den Auftrag, die für Kampfeinsätze trainierte belgische Schäferhündin Lulu zur Beerdigung ihres Hundeführers zu fahren. Nach der Beerdigung soll Lulu, die seit einer schweren Verletzung aggressives Verhalten zeigt, dann eingeschläfert werden …
Ich möchte euch nichts vormachen: Wie der Film endet, dürfte jedem von Anfang an klar sein. Aber so ist das ja häufig bei Roadmovies. Speziell in diesem Genre gilt jedoch: Der Weg ist das Ziel. Und meine Güte, ist dieser Weg herzerwärmend. Wenn sowohl Briggs als auch Lulu zu Beginn des Films keinen Platz mehr in dieser Gesellschaft zu haben scheinen, sich dann aber gegenseitig helfen, wieder auf die Beine zu kommen, dann mag das kitschig sein, aber es versprüht auch genau den Optimismus, den wir nie aus den Augen verlieren sollten. Außerdem wird die Reise mit ihren zahlreichen (absurden) Zwischenstationen und den schrägen Charakteren so charmant, unterhaltsam und rührend erzählt, dass ich dem Film weder den Kitsch noch die Vorhersehbarkeit übelnehmen kann. Ich wollte einen Feel-Good-Film mit „kaputten“ Figuren sehen, ich habe einen Feel-Good-Film mit „kaputten“ Figuren bekommen. Mission erfüllt!
Meine Wertung: 7/10
9. Mai 2023 |
Knapp ein Jahr ist vergangen, seit die Extremsportlerin Becky (Grace Caroline Currey) ihren Mann bei einem tragischen Unfall verloren hat. Um wieder ins Leben zurückzufinden und die Angst vor dem Klettern zu überwinden, schlägt ihre Freundin Hunter (Virginia Gardner) vor, einen stillgelegten Fernsehturm in der Wüste zu erklimmen. Der Aufstieg gelingt, doch oben angekommen, bricht der obere Teil der Leiter weg, so dass die beiden in 600 Metern Höhe ohne Wasser und Kontakt zur Außenwelt festsitzen …
Wer Survival-Filme mag, kommt bei „Fall: Fear Reaches New Heights“ voll auf seine Kosten. Selbst ich hatte praktisch ununterbrochen schweißnasse Hände – und dabei leide ich nicht mal unter Höhenangst. Die Geschichte ist so simpel wie effektiv, die Höhe wird für zahlreiche schwindelerregende Kameraeinstellungen genutzt und die beiden Protagonistinnen sind nicht nur menschlich und sympathisch, sondern handeln (speziell für einen Film) überraschend überlegt und clever. Ideale Voraussetzungen also, um ordentlich mitzufiebern.
Bei der Laufzeit wäre etwas weniger jedoch mehr gewesen. Echte Längen schleichen sich zwar nicht ein, aber gut 10 Minuten weniger wären auch okay gewesen. Und dann wäre da noch ein Twist, den ich a) absolut nicht gebraucht hätte und der b) von jedem aufmerksamen Zuschauer recht schnell erahnt werden kann. Nicht wirklich ärgerlich, aber unnötig.
Sei’s drum, insgesamt ist „Fall: Fear Reaches New Heights“ dennoch eine runde Sache. Auch wenn der Film das Genre erwartungsgemäß nicht neu erfindet.
Meine Wertung: 7/10
27. März 2023 |
Ich bin traurig. Nicht ich-könnte-heulen-traurig, aber traurig. Vom ersten Film an war ich ein riesiger Fan des MCU und konnte selbst den schwächeren Beiträgen (ja, ich schaue dich an, „Thor – The Dark Kingdom“) stets etwas abgewinnen. Phase 4 hingegen macht es mir echt nicht leicht. Keine Ahnung, ob es an der Übersättigung durch Serien bei Disney+, an der nachlassenden Qualität der Produktionen, an meinem fortschreitenden Alter oder an einer Mischung aus allem liegt, aber zum ersten Mal gibt es Projekte im MCU, von denen ich mich nicht mehr gut unterhalten fühle. „Black Panther: Wakanda Forever“ ist eines dieser Projekte.
Worum geht’s
König T’Challa ist an einer Krankheit gestorben, selbst seine Schwester Shuri (Letitia Wright) konnte sein Leben nicht retten. Während Wakanda um seinen König trauert, verlangen die Vereinten Nationen Zugriff auf die Technologien und Ressourcen des Landes, was Königin Ramonda (Angela Bassett) jedoch vehement ablehnt. Als die USA im atlantischen Ozean Vibranium entdecken, sieht sich die von König Namor (Tenoch Huerta) geführte Unterwasser-Nation Talokan gezwungen einzugreifen und tötet die gesamte Besatzung des Forschungsschiffs. Während die USA Wakanda für den Angriff verantwortlich machen, verschafft sich König Namor Zugang zum Land und fordert Königin Ramonda auf, zum Schutz der beiden Königreiche zusammenzuarbeiten und die Ingenieurin zu töten, die den Vibranium-Detektor entworfen hat, bevor die USA weitere Vorkommen entdecken …
Meine Meinung
Falls ihr jetzt denkt „Moment mal. Glaubt Namor ernsthaft, der Tod der Ingenieurin könnte die Erfindung des Vibranium-Detektors rückgängig machen? Das ergibt doch gar keinen Sinn!“: Richtig, das ergibt keinen Sinn. Wie so vieles in diesem Film keinen Sinn ergibt. Wieso weigert sich Königin Ramonda so beharrlich, ihr Wissen zu teilen, obwohl ihr Sohn T’Challa doch eben dies versprochen hatte? Wieso kontrolliert Wakanda den Luftweg sogar über einen Schutzschild, lässt den Zugang unter Wasser aber für alle Eindringlinge offen? Und wieso kann eine Studentin ohne entsprechende Ressourcen mal so nebenbei einen Iron-Man-Anzug bauen? Fragen über Fragen. Aber gut, wir sind hier im MCU und streng genommen ergibt hier vieles keinen echten Sinn. Das Problem daran: „Black Panther: Wakanda Forever“ bietet nichts, was von solchen Logikschwächen ablenkt.
Wenn ein Film eine packende Geschichte oder interessante Figuren bietet, schaue zumindest ich gerne gnädig über andere Schwächen hinweg. „Black Panther: Wakanda Forever“ bietet leider nichts davon. Vom emotionalen Einstieg und dem actionreichen Finale mal abgesehen, plätschert die Geschichte relativ ereignislos vor sich hin. Inhaltlich reicht der Stoff vielleicht für 100 bis maximal 120 Minuten, aber weil es ein Gesetz zu geben scheint, welches besagt, dass moderne Blockbuster Überlänge zu haben … haben, wird die Geschichte auf so unnötige wie quälende 160 Minuten aufgeblasen. Nichts, wirklich nichts in dem Film rechtfertigt diese Laufzeit. Und leider konnten mich auch die Charaktere nicht überzeugen, da diese nicht nur nicht interessant (Namor), sondern oft auch erschreckend unsympathisch (Ramonda, Shuri) geschrieben sind. Besonders auffällig ist dies bei Neuzugang Riri aka Ironheart, einer Teenagerin, die nicht nur alles weiß und alles kann, sondern auch immer einen coolen Spruch auf den Lippen hat. Da lobe ich mir doch einen Peter Parker mit all seinen Problemen und Selbstzweifeln, der ist als Charakter wesentlich greifbarer. Und ja, ich rede hier vom „alten“ Peter Parker, nicht vom MCU-Peter-Parker. Wobei dieser jetzt ja auch in seine Spur zurückgefunden hat. Vielleicht gibt’s für Riri also noch Hoffnung.
Den Darstellern mache ich hierbei übrigens keinen Vorwurf, die liefern allesamt durchaus ab. Insbesondere Angela Bassett zeigt mal wieder eine tolle Performance, aber auch Letitia Wright und Danai Gurira sind mir durchaus positiv in Erinnerung geblieben. Dasselbe gilt für die Sets, die Kostüme und die Effekte – rein optisch ist „Black Panther: Wakanda Forever“ definitiv gelungen. Und auch am Ton und der Musik habe ich nichts zu kritisieren. Technisch betrachtet ist der Film also durchaus einen Blick wert, was ihn für mich gerade noch so ins Mittelmaß rettet. Von einem MCU-Film dieses Kalibers erwarte ich aber mehr als das.
Meine Wertung: 5/10